Steuerdeals trotz Luxleaks-Skandals fast verdreifacht

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Benelux-Staaten bieten multinationalen Konzernen die meisten Schlupflöcher

Zwei Jahre nach Bekanntwerden der vielen Steuervermeidungspraktiken in der EU gibt es mehr solcher Methoden als je zuvor. Die Zahl von Steuerdeals zwischen Mitgliedstaaten und Großkonzernen verdreifachte sich fast binnen zwei Jahren, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung der unabhängigen Organisation Eurodad in Brüssel hervorgeht. Sie stieg von 547 im Jahr 2013 auf 1444 im Jahr 2015.

An der Spitze der Länder, die großen Unternehmen Steuervermeidungspraktiken anbieten, stehen der Untersuchung zufolge die Niederlande und Belgien. 17 beziehungsweise 16 verschiedene Gesetze könnten dort von multinationalen Konzernen zur Steuervermeidung missbraucht werden, heißt es in der Untersuchung. In Deutschland gebe es acht solcher Strukturen, der EU-Durchschnitt liege bei elf. 

Briefkastenfirmen etwa gehören nach wie vor zu beliebten Steuervermeidungspraktiken. Die Autoren der Studie schätzen, dass 80 bis 90 Prozent der Investitionen in den Niederlanden und Luxemburg über Briefkastenfirmen fließen. 

Eine weitere Möglichkeit bieten laut Untersuchung sogenannte Patentboxen, die es derzeit in zwölf Mitgliedstaaten gibt. Sie bieten Firmen reduzierte Steuersätze für Einkommen aus geistigem Eigentum. Spitzenreiter ist dabei Malta, das Einkommen aus diesem Bereich steuerfrei stellt. 

Das luxemburgische System wurde abgeschafft, die Regierung hat aber laut Eurodad eine Übergangsregelung für Unternehmen eingerichtet, die davon bereits profitieren, und eine Nachfolgeregelung angekündigt. Ihren ursprünglichen Zweck, Innovation und Entwicklung zu fördern, erfüllten die Patentboxen kaum, heißt es in der Studie.

Über LuxLeaks – eine ganze Reihe von Veröffentlichungen von Steuerdeals im November 2014 – war auch das Ausmaß von sogenannten Vorab-Verrechnungspreiszusagen (Advance Pricing Agreements) bekannt geworden. Die bis zu unter einem Prozent niedrigen Steuersätze erlauben es multinationalen Firmen, ihre Gewinne zwischen Tochterunternehmen zu verschieben und dort zu versteuern, wo günstige Steuersätze gelten.  

In Luxemburg ist ihre Zahl seit 2013 von 119 innerhalb von zwei Jahren auf 519 angestiegen, in Belgien im gleichen Zeitraum sogar von zehn auf 411. In Deutschland gab es 2015 der Untersuchung zufolge 25 solcher Absprachen. 

„Es ist sehr überraschend und zutiefst besorgniserregend, dass die Anzahl der geheimen Steuerdeals in Europa derartig explodiert – so als wäre der LuxLeaks-Skandal nie passiert“, kritisierte Lisa Großmann vom Netzwerk Steuergerechtigkeit in Berlin.

Eurodad (European Network on Debt and Development) ist ein Zusammenschluss von 47 Organisationen aus 20 EU-Ländern, die ein demokratisch kontrolliertes, nachhaltig wirtschaftendes System fordern. Das Netzwerk stützt sich in seiner Studie auf Daten der EU-Kommission aus 17 Mitgliedsländern sowie aus Norwegen.  

Laut EU-Kommission entgehen den Mitgliedstaaten durch aktive Steuervermeidungspolitik von Firmen jährlich Steuereinnahmen in geschätzter Höhe von 50 bis 70 Milliarden Euro. Die EU-Staaten hatten im Juni eine Richtlinie beschlossen, um Konzernen die Verschiebung von Gewinnen zu erschweren.

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